Coca Cola, Buzz-Feed, Deutsche Bahn, Mediakraft, Google Zoo, Iron Sky, Telekom und ARTE – auf dem diesjährigen Content Camp an der Hamburger Good School trafen einige der zur Zeit spannendsten Content-Marketing-Projekte und -Macher aufeinander.
Trotz unterschiedlichster Zielsetzungen und Zielgruppen hatten sie erstaunlich viele Gemeinsamkeiten, von denen wir die 5 auffälligsten hier zusammen gestellt haben. Zu allererst: einen gemeinsamen Anti-Helden, Homer Simpson.
1. Die Nutzer entscheiden über den Erfolg
Simpsons, Folge 9, „Der schöne Jacques“: Marge feiert ihren 34. Geburtstag. Homer schenkt ihr eine Bowling-Kugel. Die Kugel trägt die Aufschrift „Homer“ und ist auf seine Wurfhand maßgeschneidert. Marge fasst einen Beschluss. Sie will ihm dieses Geschenk an sich selbst nicht einfach widerstandslos überlassen. Also belegt sie Bowling-Stunden, und verknallt sich dabei in den schönen Jacques. Pech gehabt, Homie.
Was das für Werbung und Content Marketing heißt? Kein Homer sein. Nicht nur die eigene Selbstsicht publizieren – auch Werbebotschaft genannt. Statt dessen lieber der Zielgruppe ein Geschenk machen, für das man echte Dankbarkeit erntet. Ein Geschenk, für das man erinnert und geliebt wird.
Wie das gelingt zeigt z. B. die Deutsche Telekom mit ihrem Projekt „Electronic Beats“ – einer Kombination aus Musikmagazin und Konzertreihe. Oder Coca Cola mit dem YouTube-Format „CokeTV“, welches prominente YouTube-Stars einbezieht, um bei der jungen Zielgruppe zu punkten. Oder die Deutsche Bahn, die auf inside.bahn.de endlich mal erklärt, warum das mit der Wagenreihenfolge manchmal etwas durcheinander gerät.
Grundlage für den Erfolg dieser Projekte ist es, das Content-Bedürfnis der Zielgruppe richtig einzuschätzen. Wie man das macht?
2. Daten schlagen Bauchgefühl
Früher waren es Bäuche von Marketingleitern und Kreativdirektoren, die vorab erfühlen sollten, was eine Werbekampagne erfolgreich machen würde. Heute gibt es Daten, die das wissen.
Google Zoo ist die hauseigene Kreativ-Agentur des Suchmaschinen-Anbieters. Sie beschäftigt nicht nur Kreative, sondern auch Data-Scientists, die das Nutzerverhalten der Zielgruppe analysieren. Erst auf dieser Analyse werden Content-Ideen erstellt.
Ähnlich machen es Marken wie American Express oder Schwarzkopf, deren Redaktionspläne auf Suchmaschinen-Analysen basieren. Dadurch wird a priori sicher gestellt, dass der produzierte Content auch tatsächlich nachgefragt wird.
Wer die Daten nicht nutzt, riskiert das Scheitern oder landet allenfalls Glückstreffer. Wie z.B. das BMW Magazin. Es schafft es Stand April 2015 auf lediglich 6 Keywords in den deutschen Google Top 10. Entsprechend gering wird die Website-Reichweite ausfallen. Und das trotz beliebter Marke und trotz vieler, aufwändig produzierter Artikel. Warum? Bauchgefühl statt Daten. Die schönste Story hilft im Internet nichts, wenn Google sie nicht findet.
Ein Anbieter treibt den Umgang mit Daten auf die Spitze: BuzzFeed. Artikel werden in mehreren Varianten veröffentlicht. In einer Art Daten-Darwinismus verdrängt die erfolgreichste, meist-geteilte Fassung eines Artikels dann ihre schwächeren Geschwister.
Aber: Auch Daten können natürlich nicht alles wissen.
3. Unberechenbarkeit muss eingerechnet werden
Kommunikationslandschaft und Mediennutzung ändern sich immer schneller. Auch die beste Datenbasis weiss nicht, wie lange es Facebook noch gibt, wann der nächste Internet-Hype das Licht der Welt erblickt, oder auf welche Internet-Meme man im nächsten Monat setzen kann.
Viele der Vortragenden des Content Camp beeindruckten durch ihre Anpassungsfähigkeit, durch ein schrittweises, lernendes Vorgehen und eine kontinuierliche Optimierung ihrer Projekte.
4. Reichweite erfordert Fleiss
Die Wunschvorstellung eines jeden Werbers: Einen viralen Film produzieren, ihn auf YouTube hochladen, und dann Reichweiten-Millionär werden. Keines der erfolgreichen Content-Projekte, die wir gesehen haben, verlässt sich darauf. Alle arbeiten sie hart für ihre Reichweite.
BuzzFeed investiert zu gleichen Teilen in Content und die Frage, wie der Content verbreitet wird. Dabei meint BuzzFeed aber nicht etwa eine Media-Strategie mit gekaufter Reichweite. Sondern ein Maßschneidern des Content auf Online-Verbreitungs-Mechanismen wie das Teilen von Inhalten.
Coca Cola sprach von einer Umkehrung des Verhältnisses von Media-Budget zu Content-Budget: Nicht mehr 1:5 wie bei klassischen Werbekampagnen, sondern 5:1. Und prominente YouTuber wie Dner werden natürlich auch deshalb eingesetzt, weil sie Coca Cola in der angestrebten Zielgruppe zu Reichweite verhelfen.
Selbst bei der Reichweite von „Epic Split“, dem ultra-erfolgreichen Viral von Volvo Trucks wurde in Form von Seeding nachgeholfen. Offensichtlich mit Erfolg.
Welche Skills braucht es für diese Projekte?
5. Es braucht neue Teams
Das typische Team für ein Content-Marketing-Projekt? Vermutlich entspricht es weder der klassischen Redaktion, noch dem typischen Werbeagentur-Setup. Zumal sich beide auch immer ähnlicher werden, und sowohl Content- als auch Storytelling-Kompetenz für sich beanspruchen.
Am erfolgreichsten wirkt es dann, wenn neue Disziplinen die alten Teams aufmischen. Wenn Suchmaschinen-Optimierer bei Schwarzkopf Hand in Hand mit Journalisten arbeiten. Wenn bei ARTE App-Entwickler und Fernsehleute kooperieren. Oder wenn bei Volvo Trucks Werbekreative auf YouTube-Intelligenz treffen.
Manchmal wird die Arbeit aber auch gar nicht mehr von Menschen erledigt. Sondern von Maschinen. Wie im Fall von AEXEA, einem Anbieter, der Texte vollkommen automatisiert erstellt, z. B. für umfangreiche Produktkataloge. Und deren Texte wir nur von einem menschen-gemachten Text unterscheiden konnten, weil wir beide im direkten Vergleich vor uns sahen. Besonders spannend! Und besonders spooky.
Über das Content Camp
Ende Februar waren wir beide Teil des Content Camps in Hamburg. Kai als Moderator. Bernd mit seiner Agentur Cream Colored Ponies als Mitveranstalter zusammen mit der Good School. In diesen zwei Tagen blickten wir hinter die Kulissen einer Reihe aktueller Content-Marketing-Projekte und -Entwicklungen: von Coke.tv, über „Iron Sky 2“, bis hin zu computer-generierten Texten. Es wird bestimmt nicht das letzte Content Camp gewesen sein.
Content Camp 2015
21. Mai 2015
Kein Kommentar vorhanden